Ausprobiert: Neuer Bridgestone Battlax T32

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Jawoll: Meeresluft, endlich wieder

Kurz & knapp: Nach einer Testtour über 650 km an zwei Tagen auf 8 verschiedenen Bikes durch Kurvenorgien in Italien: Der neue Bridgestone Battlax T32 Sporttouring-Reifen glänzt als Nachfolger des T31 mit gewohnter Stabilität, hoher Lenkpräzision und reichlich Gripp. Eine weichere Karkass-Konstruktion ermöglicht gefühlvolles Feedback, speziell vorne beim Einlenken und Anlehnen in Schräglage, dazu verspricht das neue Pulse-Groove-Profildesign verbesserte Regenhaftung. Der Gummi mit Premium-Anspruch ist vom Start weg in gängigen Größen mit 17, 18 und 19 Zoll für Big- und Mittelklasse-Bikes lieferbar, dazu ebenso als T32 GT-Version mit höherer Tragfähigkeit für besonders gewichtige Motorrad-Kaliber.

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Fourfahrt: Zwei Tage quer durch den Italo-Stiefelabsatz.
Sehenswürdiges Alberobello.

Die ganze Story: Motorradfahren am Fuße des italienischen Stiefels und den neuen Bridgestone Battlax T32 testen, über diese Einladung galt es nicht lange nachzudenken. Also stopfte ich mein schnellstes Dainese-Leder und den sichersten Jethelm von Shoei in den Reisetrolley, um nach Bari zu fliegen und dann nach Alberobello geshuttelt zu werden, eine pittoreske Ortschaft voller Häuschen mit kegelförmigen Dächern, welches zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Dort wartete eine bunt zusammengestellte Testmotorrad-Flotte, in Gruppen zwei Tage quer durchs kurvenreiche Apulien auf die andere Stiefelseite ans Tyrrhenische Meer geführt zu werden und weiter Richtung Neapel.  

Markant profiliert und neu konstruiert: Bridgestone Battlax T32

Beim Briefing folgte sogleich die volle Infopackung. Der Battlax T32 tritt als Bridgestones neuer Tourensportreifen mit Premium-Anspruch an, der als Nachfolger des Battlax T31 natürlich eine rundum optimierte Performance abliefern soll. Und zwar: Verbessertes Kontaktfeeling bei trockener wie nasser Fahrbahn, neues Profil mit Pulse-Groove-Technik, 7 % kürzerer Bremsweg bei Regen, mehr Auflagefläche am Hinterrad (+13 %) bei gleichzeitig vergrößertem Profilanteil (vorne 3 %, hinten 6 %), alles bei unverändert guter Verschleißfestigkeit.

Bei Reifen im Sport-Touring-Bereich werden in Europa die größten Stückzahlen erzielt. Hier kauft die breite Masse der Windgesichter ein, die keine superverschleißfreudige Hypersportpelle wünschen, sondern einen hochwertigen, möglichst genialen Gummi, der Trocken- und Regen-Performance sowie Fahrspaß plus Haltbarkeit unter einen Hut bringt und mit dem sich dynamisch und sicher Motorrad fahren lässt. 

Um das Niveau im Tourensport-Segment höher anzusiedeln, haben die japanischen Entwickler sich ordentlich ins Zeug gelegt. Beim Battlax T32 wurden der Reifenaufbau, die Steifigkeit, die Profilgestaltung, die Gummimischung, die Kontur und die Aufstandsfläche modifiziert. Wesentlich ist dabei eine weicher konstruierte Radialkarkasse, um Feedback, Kontakt- und Wohlfühlfeeling zu optimieren.

Bridgestone-Technikus Fabien Francois: Weichere Karkasse für optimierte Rückmeldung.

Bridgestone-Pneus sind bei Leuten, die in der Materie stecken, bekannt für neutrales Handling, stabiles Fahrverhalten und eher harte Karkassen. Gripp wird über die Mischung, die Profilgestaltung und konstruktive Tricks generiert. Beim neuen Battlax T32 wurde nun ein anderer, softerer Ansatz eingeschlagen. Um dies anschaulich zu demonstrieren, nahm Bridgestone-Technikus Fabien Francois einen T32-Rundling und drückte mit den Daumen den Gummi auf dem Laufstreifen punktuell mühelos nach unten, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Übung mit dem steifer gebauten Vorgänger T31 so nicht möglich sei. Ziel der geänderten Konstruktion ist, die Rückmeldung zu optimieren und das Feeling für den Fahrer zu verbessern, welches für den Fahrspass wesentlich ist.

Elementar ebenfalls, und sogar mit freiem Auge wahrnehmbar, ist das neue Pulse-Groove-Profil. Die gekrümmten Profilrillen verlaufen an den Rändern nicht gerade, sondern in Wellen – also mal enger, mal weiter. Das trickreiche Design mitsamt den inselförmigen »Deflektoren« soll die Strömung und den Wasserabfluss in der Profilrille beschleunigen und so eine verbesserte Haftung auf nassem Asphalt bewirken, für mehr Grip und weniger Schlupf bei Nässe. Dabei hilft auch die vergrößerte Auflage-Ellipse, die durch die weichere Karkasse möglich wurde.

Pulse Groove-Technologie: Wellen-Profilrillen und Deflektoren fördern das Abfließen von Regenwasser.

Beim Gummi des neuen Battlax T32 ist vorne eine Mischung verarbeitet. Hinten in der Mitte der Lauffläche eine härtere Mischung, an den Flanken eine weichere. Hinzu kommt die Cap & Base-Bauweise, dabei unterfüttert der härtere Gummi die weichen Flanken bis in den Schulterbereich hinein, mit dem Ziel die Kurvenstabilität wie auch das Temperaturverhalten (wird schneller warm, kühlt nicht so rasch aus) zu verbessern. Drei Jahre haben die Bridgestone-Leute investiert, um den Battlax T32 serienreif zu entwickeln. Die groovy Profil-Innovation mit Wellen und Inseln geht übrigens zurück auf eine Inhouse-Entwicklung bei High-Perf-Autoreifen, die vor 10 Jahren erfolgte und jetzt erstmals für den Zweiradbereich adaptiert wurde. 

Internes Bridgestone Ranking im Sport Touring-Segment.

Bridgestone sieht den neuen T32 nach eigenen Vergleichstests und Beurteilungen durch UTAC Ceram (ein unabhängiges, französisch-englisches Prüfinstitut) als neue Benchmark im Tourensport Segment an. Im internen Bridgestone-Ranking im Sport-Touring-Segment rangiert der T32 an der Spitze, gefolgt von dem weiter angebotenen T31 und dem bekannten BT-023. Der erst vor einem Jahr modernisierte BT46 rundet das Angebot speziell für Youngtimer-Bikes ab.  

Das Lieferprogramm: 17 Battlax T32-Größen in der Standardversion sowie 5 Größen in der GT-Variante

Zum T32 offeriert Bridgestone vom Start weg den T32 GT, um neben mittleren und ausgewachsenen Bikes auch die schwergewichtigen Kaliber aedequat besohlen zu können. Die Produktion ist bereits im Januar 2021 angelaufen, deshalb ist gleich das komplette Programm mit 22 Dimensionen lieferbar, nämlich 17 Battlax T32-Größen in der Standardversion sowie 5 Größen in der GT-Variante. Um die Tragfähigkeit zu erhöhen, ist die Karkasse bei den GT-Pneus verstärkt konstruiert, auch die Profilgestaltung wurde in Details modifiziert und angepasst. Die Laufleistung soll dazu beim GT nochmal um 10 % höher ausfallen.

Letztes Jahr musste Bridgestone wegen Corona ein Launch-Event in Kroatien für den BT46 ausfallen lassen, für das bereits eine Armada prächtiger Youngtimer-Bikes aus den 80er Jahren angeschafft und restauriert worden war. Auch bei der Battlax T32-Testpräsentation sollte den Teilnehmern Besonderes geboten werden. So kurvten fünf Gruppen mit je 8 Media-Vertretern nacheinander über jeweils zwei Tage auf einer ausgiebigen Schleife durch Italien, um den neuen Tourensport-Gummi auf unterschiedlichen Testmotorrädern unter möglichst praxisnahen Bedingungen ausprobieren zu können. 

Weil es schlicht nicht regnete, liess sich die gesteigerte Nassperformance nicht abchecken. Das wird aber nachgeholt. Gasgriffsalat-Leser und Multistrada Enduro-Fahrer Aloys wird im Sommer den Battlax T32 über einen längeren Zeitraum aufziehen, Testreifen sind schon bestellt.

Unsere Route über zwei Tage, quer durch den Stiefelabsatz von rechts nach links

Die erste Gruppe legte von Sardinien aus los, die letzte landete 14 Tage später in der Toskana, die Gruppen dazwischen befuhren den Stiefel-Absatz an der Adria, die Amalfi-Küste am Mittelmeer, natürlich lag auch Rom mit am Weg. Eigentlich ging es in kurvenreichen Etappen ständig über Land oder durch die Berge irgendwo ans Meer und wieder zurück, wobei auch ein paar Sehenswürdigkeiten mit eingebaut waren. Ich als Salatprynz steckte in Gruppe 3, fuhr also am ersten Tag von Alberobello an der Adriaseite nach Albidonia am südlichen Stiefel-Ende, und am zweiten Tag rüber zur linken Seite und hinauf Richtung Neapel. 

In zwei Viererpacks eingeteilt, plus Guide und Hinterherfahrer, liessen sich die Bikes einmal den dickeren Kalibern zuordnen (BMW R 1250 RT, Kawasaki Versys 1000, Yamaha Tracer 9 GT, BMW S 1000 XR) und einmal der Mittelklasse-Fraktion mit Yamaha MT-07, KTM Duke 890, Kawasaki Z 900 RS und BMW F 900 XR. Wir wechselten laufend untereinander durch und fuhren zwei Tage und 653 Kilometer quer durch den Stiefel-Absatz. Städtisches Umfeld, Überland-Passagen, enges Geläuf mit Kurven in allen Variationen, Hügel, Berge, Flachland, sehenswerte Landschaft von Grün bis steinig und großartige Panoramen. Gangart mal so und mal so, auf Asphaltqualitäten von superklasse über durchschnittlich bis rumplig.  

Rot toppt Blau: Keine Präsentation ohne Spinnennetz-Grafik.

Was sich als roter Faden durchzog: Der Battlax T32 ist ein Reifen, der tiptop funktioniert und ein tolles Gefühl vermittelt. Speziell vorne beim Einlenken und beim Anlehnen in Schräglage. Eigendämpfung und Abrollverhalten fallen weicher aus als beim T31. Unverändert einzuordnen sind Grippverhalten auf hohem Niveau, geschmeidig-rundes Handling aus der Mittellage und problemloser Geradeauslauf. Auch Aufstellen beim Bremsen findet nicht statt. All das liess sich gut vergleichen, weil ich vor drei Jahren bei der Battlax T31-Präsentation dabei war und diesen Gummi letztes Jahr noch auf meiner CB1300 fuhr. Die andere Auslegung des Battlax T32 ist spürbar und IMHO ein Fortschritt, weil damit die Rückmeldung zugelegt hat und hilft, sich wohl zu fühlen und Vertrauen zum jeweiligen Bike aufzubauen. 

Zu den Bikes im Einzelnen, zunächst die Vollpfünder am ersten Fahrtag:

RT 1250 Boxer-Tourenschiff.

BMW R 1250 RT, als Einzige mit den GT-Varianten des Battlax T32 bereift, lies sich trotz schierer Masse und 280 Kilo harmonisch steuern, mit treffsicherem Einlenken und gutem Anlehn-Feeling. Runde Konturen und Eigendämpfung der Pneus ermöglichen Überrollen ohne Störeinflüsse, den Rest filterte die Dämpfung der BMW heraus. Heisst: Alles vor dem Vorderrad ignorieren und einfach drüberbügeln, den Blick in die Ferne gerichtet, wie es sich gehört; das Motorrad verdaut regelrecht alle Gemeinheiten, die asphaltierte Straßen zu bieten haben. Je länger die Fahrt dauerte, desto klarer wurde: Für lange Touren, gerne auch um die Welt, verdient dieser Boxer-Dampfer mit diesen GT-Reifen eine Empfehlung.

Grüner Abenteurer Versys 1000

Kawasaki 1000er Versys, ADV-typisch hochbeinig, laufruhiger Vierzylinder mit druckvoller Mitte, ausgewogene Sitzposition. Als Bridgestone vor 3 Jahren in Marokko den Battlax T31 vorstellte, umschrieb ich den Fahreindruck mit der 1000 Versys auf Asphalt als: »…vertrauenerweckende Straßenlage, leichtes Einlenken, müheloses Handling…«. Dito gilt unverändert auch für den T32. Plus Abrollkomfort auf Rumpeluntergrund, ansonsten sehr ähnliches Feeling. Bei Geradeauslauf und Stabilität ist die große Versys auf der sicheren Seite, was der T32 unterstützt, dazu gefällt das Fehlen jeglicher Aufstellneigung beim Reinbremsen in Kurven.

Yamaha Tracer 9 GT: Dreizylinder im Touren-Ornat.

Yamaha Tracer 9 GT, eigentlich schlankes Dreizylinder-Bike im Touren-Ornat. Riesenscheibe und Koffer plustern die Statur ziemlich auf. Lebhafter Motorcharakter und toller Triple-Sound. Harmonisches Zusammenspiel mit dem T32-Gummi. Geradeauslauf sicher, Feedback und Handling einwandfrei, vertrauensvoller Gripp im Winkelwerk, kein Kippeln übers Vorderrad oder Herumstochern in Wechselkurven beim Bemühen um saubere Linien, auch der Abrollkomfort passt. Bike und Gummi harmonieren, grünes Licht für viel Fahrspaß also. 

S 1000 XR Highened-Sporttourer.

BMW S 1000 XR: Vierzylinder, Power satt, geschmeidig und feurig zugleich, als breitbandiger Sport-Tourer ein echtes Highend-Erlebnis. Mit dem T32-Pneus herrscht Harmonie: Tolles Frontend-Feeling, viel Vertrauen in Schräglage, auch bis tief hinunter, reichlich Reserven beim Beschleunigen am Kurvenausgang. Aus Sicht der Henker und Racer lässt sich beisteuern – der Übergang zum Grenzbereich bei sehr sportlicher Fahrweise kündigt sich sanft an und bevor die Alarmglocken schrillen, meldet sich die Traktionkontrolle blinkend im Display.

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Wie unsere Gruppe sich zusammen setzte? Vorne weg guidete Hubert aus Paris, Peripherique-Spezialist und Dirt-Track Racer. Für das Magazin MO war Physik-Student und Rennfahrer Lukas Wimmer aus Österreich (gewann 17-jährig 2012 den KTM European Junior Cup mit der 690er Duke, heimste zuletzt noch einen Supermono-Titel ein) vor Ort. Joost Jan Overzee, quirliger Lockenkopf aus Holland, vertrat das holländische Blatt Kicxstart. Tim Röthig, unerschütterliche Bridgestone-Multiwaffe (Ex-Redakteur, Ex-Endurancer-Racer, Reifen-Testfahrer und Media-Ansprechpartner), schirmte geduldig die Salatprynz-Fahrkünste ab.

Bella Italia.

Die Verkehrsdichte im Süden Italiens fällt eher gering aus, also ging es locker beschwingt dahin. Einige Passagen mit extrem schlechtem Belag und supergemeinen Löchern wurden leider der RT-BMW zum Verhängnis, an der bei einem Zwischenstopp tatsächlich unschön verbogene Felgen entdeckt wurden. Zwar hielten die Reifen noch ihre Luft, trotzdem wurde das Boxer-Schiff beim folgenden Lunchstopp ausgetauscht gegen eine Honda CBR650R, die im Orga-Begleittross im Transporter mitgeführt wurde. Ob die arme Kuh Vorwürfe verdient? Nicht wirklich. Wir hätten einfach besser aufpassen müssen.

Nach dem Lunch schnappte ich die rote CBR650R. Der mittelgroße Vierzylinder produzierte mühelos sportliche Drehzahlen. Das Fahrverhalten mit den Battlax T32 (vorne 120/hinten 180 Zoll Breite) war weder fipsig, überagil oder kippelig, sondern im Gegenteil bei Geradeauslauf und Handling eher auf der sicheren Seite, was bei der leichten Honda durchaus als vorteilhaft verbucht werden konnte.

Italien hat Kulturfreunden viel zu bieten. Bei Matera, auch eine Unesco Weltkultur-Sehenswürdigkeit, legten wir eine Pause ein, um per Fernblick eine der ältesten Städte der Welt (auch als zweites Betlehem bezeichnet) auf einer Felszunge zu bewundern, die zusätzlich einen Komplex aus Höhlenwohnungen an Felsenhängen zu bieten hat. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass wir etliche Stätten bei der eifrigen Querung der Region Basilicata am ersten Fahrtag übersehen haben oder schlicht daran vorbei gebraust sind. An der Geisterstadt Draco zum Beispiel, an Resten oder Teilen der Via Appia, die einst von Rom bis Brindisi ganz unten am Stiefelende reichte, an kunsthistorisch bedeutenden Höhlen, Grotten oder Denkmälern.  

Körpersprache: Alles in Butter.

Auf dem Weg zur Stiefelsohle glättete sich die Landschaft am Nachmittag zusehend. So bekamen wir nach kurvigem Terrain auch Passagen serviert, die übersichtlich geradeaus oder lässig geschwungen übers Land führten, was der Gruppe gestattete, auch ohne Autobahn-Etappen Geradeauslauf und Stabilität der T32-bereiften Bikes in schnellen, langgezogenen Kurven auf den Zahn zu fühlen. Hinter der CBR650-Verkleidung gab es als moderat Gebückter eh keine Klagen, auch die mit Packtaschen und hohen Scheiben bestückten Großvolumler pfeilten beim Überland-Strömen mit ausreichend Speed stabil und sicher genug dahin.

Wilder Westen? Nee, isse Bleibe in Albidonia.

Das Ziel am ersten Fahrtag war das ländlich-rustikale Hotel »Masseria Torre di Albidonia« auf einem Felsplateau mit Bungalows und Meeresblick. Betreiber und Koch Petro Acciardi ist bekannt dafür, dass er alle benötigten Zutaten nur im Umkreis von 20 Kilometern einkauft. Als ich auf der Veranda bei einem Kaltgetränk die Seele baumeln liess, liess sich im Hof verfolgen, wie der stattliche Fuhrpark aller Tester und Begleiter eifrig von Bridgestone-Mitarbeitern durchgecheckt wurde. Darunter auch Peter Baumgärtner, normalerweise mit dem Renndienst unterwegs, der in den MotoGP-Jahren Valentino Rossi betreute und aktuell in der Langstrecken-WM für die Teams von YART, FCC-Honda und (neu) SERT-Yoshimura-Suzuki zuständig ist. Man durfte sich also tatsächlich in den besten Händen fühlen.

Gummi-Check oder 5 Cent verloren?

Tim Röthig zu fragen, ob er bei der Battlax T32-Entwicklung als Tester mit eingebunden war, lag auf der Hand. Ja, aber nur einmal im Prototypen-Stadium, zusammen mit anderen Routiniers oder Ex-Rennfahrern, was aber ein übliches Prozedere darstelle bei Neuentwicklungen aus Japan, um abzuklopfen, ob die eingeschlagene Richtung grundsätzlich passt. Interessant auch Tim´s Erläuterung zur Philosophie-Änderung auf die eher weichere Reifenkonstruktion. Nämlich: Typische Sport-Tourer früherer Jahre, mehr oder weniger verkleidet und mit vorgebeugter Sitzposition, sind im Laufe der Jahre abgelöst worden durch Nakeds und ADV-Bikes. Dabei tendieren Sitzpositionen mehr ins Aufrechte, begleitet von deutlich stärkeren Motorleistungen und dem Trend bei der Fahrwerks-Technik zu stabileren und kürzeren Gabeln bei gleichzeitig tiefer positionierte Lenkkopf. Dafür ergeben Anpassungen und Entwicklungen wie beim Battlax T32 Sinn, weil damit Fortschritte beim Feedback allgemein und optimiertes Vorderrad-Feeling möglich wurden. Zum Thema Lebensdauer des T32 merkte Tim an: Zwischen 4.000 bis 10.000 km, vielleicht sogar 12.000, schlicht und einfach abhängig von der Fahrweise und je nach Motorleistung. 

Italian Crossing unter blauem Himmel.

Am zweiten Fahrtag ging es es mit zierlicheren Kalibern weiter, in der Reihenfolge Kawa 900 RS, Yamaha MT-07, KTM Duke 890. Die Retro-Four, eher auf Stabilität ausgelegt, reagierte schlicht neutral auf die neuen T32-Gummis, keine Zicken, keine Besonderheiten. Alles im grünen Bereich quasi. Sitzposition kerzengerade und mehr obendrauf als drin, ziemlich breiter Lenker. Bei mittleren Drehzahlen lässt sich der Fahrtwind mit der Oldschool-Kawa schön genußvoll umarmen, für gesteigerte Dynamik ist mehr Körperspannung und Konzentration notwändig, was das Fahrvergnügen abwechslungsreich gestaltet. Dass die MT-07 sich supereinfach und angenehm steuern lässt, ist ja weithin und bestens bekannt. Mit den Battlax T32 harmoniert Yamahas-Erfolgs-Twin dermaßen gut, dass der Fahrspass-Himmel voller Geigen hängt. Geradeaus, in Kurven beim Rein-, Durch- und Rausfahren in, auf der Bremse. Volle Empfehlung, muss man gefahren haben. 

Retro-Kwacker, Austria-Quirl, Bayern-Twin. Schöne Auswahl.

Für Begeisterung sorgte auch die Duke 890. Federleicht und präzises Einlenken. Extrem vorderradorientiert, man könnte fast meinen, man sitzt auf dem Vorderrad. Das Ganze kombiniert mit kernigem Motor, knackigen Bremsen und beinhart abgestimmtem Federbein, das ohne Umlenkung direkt mit der Schwinge verbunden ist. Alles in allem sportlich, spaßig und präzise zu fahren, mit viel Freude und dem guten Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.

Der zweite Teil der Route war länger als am Vortag, verging aber schneller, was Rückschlüsse auf Fahrspass von Feinsten zulässt. Zuerst zersägten wir eine ganze Latte atemberaubend kurvenreichen Bergstrassen, dann ein Stück über Land, passierten brav die einzige Radarkontrolle unserer Etappe und stiessen weiter zur westlichen Stiefelflanke vor. Auf Küstenstrasse-Etappen kringelten wir uns dann wieder gen Norden hoch. Das Meer zur Linken schimmerte blau, manche Bucht sogar türkis, was vor Glück fast den Verstand raubte, weil man sich ja trotz hehrer Mission wie jeder Normalo als Lockdown-Opfer zu Immer-noch-Corona-Zeiten fühlte. Es war fast surreal, dass ich versucht habe, mich zu kneifen, was aber nicht klappte, mit Handschuhen und durchs Leder hindurch.

Küstenstraßen können schon mal tückisch glattgefahren sein, da kann Vorsicht nie schaden. Hier war das kein Thema. Voller Gripp, voller Fahrspass, bei wenig Verkehr die ganze Küstenstrasse hoch. Lag es am Asphalt? Lag es am Bridgestone-Compounding? Wahrscheinlich beides. So inhalierten wir Kilometer um Kilometer, legten eine Fotosession ein, pausierten in einem einladenden Lokal und legten schließlich noch einen Halt in Paestum ein. Die antike Stätte bei Salerno wurde 600 Jahre vor Christus von Griechen gegründet, es gibt historisch wertvolle Tempel, Amphithaeter, Stadtmauer- und Gebäudereste zu bestaunen. Wir bewunderten alles wie brave Touristen und nutzten die Gelegenheit für einen Kuchen- und Kaffee-Stop.

Historisch wertvolle Einblicke.

Ich schnappte mir zum Abschluss nochmal den Retro-Kwacker (Inline-Four kommt immer gut) und verzichtete auf die BMW F 900 XR, die ich dem blauweißen Forumskönig, der damit beseelt umherkurvte, wohl hätte entreißen können, was ich aber nicht wollte. Für das letzte Stück servierte unser Guide noch einige Schlenker durch mediterranes Ambiente, dann wurde es städtischer und urlaubstouristischer, der Verkehr schwoll immer verstopfter an, also schmuggelten wir uns durch Lücken oder seitlich vorbei wie heimische Vespisti zur Rush-Hour. 

Unser Zielhotel in Praiano, ein Stück vor Neapel, schmiegte sich spektakulär an die Felsküste, so einen Blick aufs Meer geniesst man nicht alle Tage. Als ich auf dem Zimmer unter die (verflixt glatte) Dusche stieg, fing ich einen mächtigen Rutscher gerade so noch ab. Gute Güte! Ein angeknackter Arm oder so hätte als Malheur zum Schluss noch gefehlt, dachte ich, nach zwei Tagen mit dem Battlax T32. Was ich auf den Gips draufschreiben hätte lassen? Der Reifen war super! Ist aber noch mal gut gegangen.   

Grande Finale!

Fotos: Bridgestone/Montero & Co, Bense, Röthig, Buenos Dias

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Gerhard Rudolph, fährt Honda CB 1300 und am liebsten Jethelm mit dunklem Visier.

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