Tim Holtz, Classic-Superbike-Ypse, Teil 1

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Tim Holtz hat schon öfter lesenswerte Beiträge  im Gasgriffsalat abgeliefert (Fahrbericht BMW S1000RR, Twin-Cup-Erfolge, IDM Abenteuer), jetzt meldet sich Papa Thomas mit einem Beitrag über eine ehrwürdige Yamaha YZF 750 SP, mit der heuer bei Trackdays und ausgewählten Classic-Events umgerührt werden soll:  

Tim Holtz, Yamaha YZF 750 SP, erstes Rollout.

»Im Dezember 2020 war ich bei Michael Galinski  (MGM Racing Performance in Altenwalde) und plauderte mit ihm über Classic Racing. Tim hatte 2019 einmal seine wunderbare, rund 30 Jahre junge Yamaha FZR 750 R aka OW01 in Oschersleben fahren dürfen und eine Menge Spaß damit. Und da ich noch ein neues Projekt suchte, bat ich ihn, mich zu informieren, wenn es etwas Adäquates am Markt gäbe.«

»Ich war keine halbe Stunde auf dem Rückweg, da bimmelte mein Telefon: „ Ruf´ mal in Berlin an, da steht ewas Interessantes. Wenn Du die nicht willst, nehme ich die.“  Zwei Tage später erreichte ich den Anbieter, es wurde ein langes Gespräch, an dessen Ende ich die Geschichte des Motorrads und viele Anekdoten der 90er Superbike-Szene hörte. Es handelte sich um eine Yamaha YZF 750 SP aus 1993. Sie war neu bei Theo Laaks, Yamaha-Händler in Kassel, gekauft worden und später dort zur Rennmaschine umgebaut worden. Fast alles, was es damals an Kit-Teilen gab, wurde verbaut. Titan-Pleuel, Kit-Getriebe, Kolben, Steuergerät und Kabelbaum, eigentlich bis auf die Nockenwellen das ganze Programm. Brembo-Sättel und Scheiben, Harris-Schwinge und ein spezielles Öhlins-Federbein sollten das Fahrwerk zusätzlich verbessern.«

Das (optische) Vorbild wurde vor 30 Jahren in der Superbike-WM bewegt.

»Ich fuhr dann Ende Dezember mit einem Transporter nach Berlin. Dort, in einer Wohnung im Hochparterre in einem Wohnblock, stand das gute Stück unbewegt die letzten 12 Jahre. Im Nebenzimmer parkte übrigens noch eine OW01 in exzellentem Zustand, aber das ist eine andere Geschichte. Mit Hilfe der Nachbarn haben wir es dann geschafft, die Ypse durchs enge Treppenhaus auf die Straße zu bringen und in den Transporter zu verladen. War eine schöne Wuchterei, aber alle Mühen wert.»

Das Fundstück vor dem Sprung ins gelbe Lackbad.

»Zuhause angekommen galt es eine Bestandsaufnahme zu machen. Ein Probelauf war nicht möglich, da Anlasser und Lichtmaschine aus Gewichtsgründen beim Umbau ausgebaut worden waren. Als Erstes musste ich einen anderen Tank mitsamt neuer Kraftstoffpumpe besorgen, weil innen war alles unrettbar vergammelt. Auch die Keihin-Flachschiebervergaser waren inkontinent, alle O-Ringe und Dichtungen verhärtet. Nach Öl- und Filterwechsel ging es dann das erste Mal zu Galinski auf den Prüfstand. Sie sprang an, lief aber wie „ein Bund Wurzeln“. Mit Michaels Hilfe und Knowhow wurde es immer besser – und am Ende des Tages lief sie ganz ganz passabel. Mit einer ansehnlichen Liste noch fälliger Arbeiten es ging wieder zurück in die heimische Werkstatt.«

»Die mittlerweile von Akrapovic wieder aufgelegte Auspuffanlage passte leider nicht, da eine Kit-Ölwanne mit vergrößertem Sumpf verbaut ist. Die Fahrwerks-Elemente gingen komplett zu DS Suspension nach Hamburg, da Dave uns früher einmal tolle Arbeit bei einer VFR 400 abgeliefert hatte. Es galt auch nicht wie heute üblich einfach eine moderne Gabel und ein neues Federbein einzubauen, sondern das vorhandene Material aufarbeiten und den zeitgenössischen Zustand zu erhalten.«

»Die Lackierung sollte natürlich wieder in unserer Hausfarbe Gelb sein und ist diesmal angelehnt an das Design der Yamaha von Arpad Harmati, der damit in der Superbike-WM Anfang der Neunziger umrührte. Nachdem etliche Teile wie neuer Kühler, Rastenanlage, Schaltautomat etc. endlich eingetroffen und montiert waren, fehlte nur noch eine Startmaschine. Zum Glück hatte Michael noch so etwas im Fundus, aber auch die musste erstmal wiederbelebt werden.«

Tim konnte mit der Ypse gut mitschwimmen. Foto Peter Lewicki/Teamfotograf.de

»Mitte April war erstes Rollout in Oschersleben. Nach jeder Runde ging es zurück in die Boxengasse, immer wieder auf lose Teile oder Undichtigkeiten checken. Zum Glück hat alles funktioniert, das Motorrad lief ohne Probleme, war aber noch nicht wirklich geschmeidig fahrbar. Zuhause wurde dann eine neue Änderungsliste abgearbeitet und drei Wochen später ging es wieder nach Oschersleben zu einem zweiten Test. Nun fing es an, Spaß zu machen. Die Bremse war gut, das Fahrwerk wurde besser und der Motor ging sehr gut.  Unglaublich auch, wie leicht das betagte Eisen tatsächlich ist, trocken nur wenig über 150 Kilo. Tim konnte jedenfalls in der schnellen Gruppe gut mitschwimmen, aber es war kalt und windig, richtig aussagekräftig waren die Zeiten noch nicht.«

»Es wird also weitere Testausflüge geben, bevor wir passende Events anvisieren und der Ypse sinnvollen, artgerechten Auslauf gewähren können. Außerdem steht ein Gaststart von Tim bei der IDM in Oschersleben mit einer Yamaha R6 an, das lief letztes Jahr eher harzig und schreit nach einer hoffentlich besseren Vorstellung. Dieser Beitrag zu Tims (und meiner begleitenden) Freizeitgestaltung auf der Idealline wird demnächst also fortgesetzt – stay tuned.«

Text & Fotos: Thomas Holtz

About Author

Gerhard Rudolph, fährt Honda CB 1300 und am liebsten Jethelm mit dunklem Visier.

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