1905: Der große Sieg von Laurin + Klement

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Die Motorrad-Ära von Laurin & Klement erreichte 1905 im französischen Dourdan ihren Höhepunkt. Václav Vondřich wurde nach 5 Runden auf dem 54 Kilometer langen Straßenkurs mit der Laurin & Klement CCR als großer Sieger gefeiert, während František Toman auf Rang 2 den Doppelsieg abrundete. Es war e​​in Meilenstein in der Geschichte der Marke aus Böhmen und der Tschechoslowakei, die 1895 in Mladá Boleslav (Jungbunzlau) gegründet worden war, erst Fahrräder und Motorräder fertigte und später zu Skoda Auto werden sollte. 

Nach dem Triumph in Dourdan: Václav Vondřich auf der Laurin & Klement CCR

1901 hatten die Gründer Václav Laurin und Václav Klement den Motorsport als Bühne entdeckt, um die Unternehmung über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu machen. Narcis Podsedníček, Chefmechaniker in der Laurin & Klement-Werkstatt, trat im Juni dieses Jahres beim Rennen von Paris nach Berlin an, das über 1.196 Kilometer führte. Tatsächlich war er so schnell, dass er die Ziellinie erreichte, bevor der offizielle Zeitnehmer eingetroffen war. Anstatt den Siegerpokal zu erhalten, wurde er jedoch disqualifiziert! Die Motorräder von Laurin & Klement zählten bald auch bei Berg- und Rundstreckenrennen zu den Favoriten und erzielten im In- und Ausland zahlreiche Erfolge. Sie galten als leistungsstark und schnell, glänzten aber vor allem auch durch Zuverlässigkeit. So überquerten 1903 bis auf eine Ausnahme alle Motorräder der Marke bei 87 Starts in 34 Rennen die Ziellinie und erzielten 32 Siege.

Höhepunkt war jedoch der »Coupe Internationale de Motorcycle« der FICM (Fédération Internationale des Clubs Motocyclistes), der am 25. Juni 1905 etwa 50 Kilometer südwestlich von Paris in der Kleinstadt Dourdan über die Bühne ging. Als Topevent der Saison war eine 54 Kilometer lange Schleife abgesteckt worden, die fünfmal durchfahren werden musste. Die Strecke enthielt auch drei sogenannte Neutralisations-Abschnitte: Hier mussten die Fahrer ihre Maschinen bei abgestelltem Motor ein Stück schieben – und hoffen, dass dieser danach wieder anlaufen würde (was damals keine Selbstverständlichkeit war).

1905 nahmen die stärksten Nationalmannschaften am Wettbewerb teil. In der Hoffnung, Österreich-Ungarn zu vertreten, hatten sich zwei Fahrer (František Toman und Václav Vondřich) mit Motorrädern von Laurin & Klement für das große Rennen angemeldet. Eduard Nikodém aus Österreich schob eine Puch an den Start. Die Briten steuerten Bikes von Ariel, Matchless und JAP, die französischen Zweiräder kamen von Griffon und Peugeot, während Deutschland drei Progress-Motorräder nach Frankreich schickte. Die Regeln sahen kurioserweise vor, dass neben allen wesentlichen Komponenten auch die Reifen aus dem Herkunftsland stammen mussten. Speziell die Pneus hielten zu dieser Zeit nur kurze Strecken, und die Fahrer selbst waren für die Reparatur verantwortlich.

Das Laurin & Klement-Team war gut vorbereitet, nachdem im Vorjahr gleich mehrere Reifenschäden den Sieg vereitelt hatten. Václav Vondřich ging mit einem Lederrucksack ins Rennen, in dem er diverse Werkzeuge und Mittel zur Reifenreparatur mitschleppte. Wenig verwunderlich, dass sich der Tscheche den Spitznamen „Der rasende Dorfschmied“ einhandelte.

Glory Times anno 2005!

Trotz des Rucksack-Mehrgewichts gab Václav Vondřich mit der Zweizylinder-Laurin & Klement CCR mit 693 Kubik tüchtig Gas und holte alsbald auf den Vorjahressieger Léon Demeester (Griffon) auf, der zunächst an der Spitze lag. In der letzten Runde nach 246 Kilometern zog der Tscheche schließlich vorbei in Führung und fuhr bis in Ziel über 8 Minuten Vorsprung heraus. Die Gesamtfahrzeit betrug stattliche 3:13,17 Stunden. Weil der Franzose wegen eines illegalen Hinterradwechsels noch aus der Wertung genommen wurde, rückte František Toman auf den zweiten Platz vor und sicherte so einen famosen Doppelsieg für Laurin & Klement. Dritter wurde der Franzose Giosuè Guippone (Peugeot). Nur drei von zwölf Racern schafften die volle Renndistanz über 5 Runden. Der tschechische Doppelsieg sollte den berühmten Dirigenten František Kmoch inspirieren, das Blasorcher-Musikstück „Na motoru“ zu komponieren, was übersetzt »Am Motor« heisst, teilweise aber auch gerne mit »Flott voran« tituliert wurde.

Laurin & Klement CCR mit 693 ccm

Dank des Dourdan-Triumphs erfreute sich Laurin & Klement weiter eines ausgezeichneten Rufs, der Motorradbau florierte, bis die Marke aus Mladá Boleslav sich verstärkt dem Automobilbau zuwandte, unter Leitung von Václav Laurin und seinem Techniker-Team. Das erste Vierrad trug die Bezeichnung Laurin & Klement Voiturette A. Die Umbenennung in Skoda Auto erfolgte später. Dourdan-Sieger Václav Vondřich agierte bis in die 1940er Jahre in Prag als erfolgreicher Händler von Laurin & Klement und später Skoda.

Fotos: Skoda

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Gerhard Rudolph, fährt Honda CB 1300 und am liebsten Jethelm mit dunklem Visier.

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